Webwecker Bielefeld: kamerakritik01

»Ein Stück Lebensqualität wiederbekommen« (14.01.2004)



Kamera am Ordnungsamt
Kameraüberwachung während der Pilotphase am Ordnungsamt im Ravensberger Park



Die große Mehrheit der politischen Mandatsträger ist für die Kameraüberwachung im Ravensberger Park und am Jahnplatz, selbst PDS-Ratsherr Albert Heidinger. Kritik kommt vor allem von den Grünen und von den Datenschützern.









Von Manfred Horn

»Mit dieser Landesregierung wird es in NRW keinen Überwachungsstaat geben«, erklärte NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) vergangene Woche. Nun ist es aber eine Frage der Perspektive, wo ein Überwachungsstaat anfängt. In Bielefeld jedenfalls werden in Kürze auf Grundlage des im vergangenen Jahr geänderten NRW-Polizeigesetzes die Kameras im Ravensberger Park wieder angeschaltet und Teile des Jahnplatzes überwacht.


Projekt Videoschutz läuft weiter

Dies hat der Hauptausschuß und die Bezirksvertretung auch politisch beschlossen, obwohl rein rechtlich nur der Polizeipräsident darüber zu entscheiden hat, ob und wo Kameras im öffentlichen Raum installiert werden. Durch den Schulterschluß von Politik und Polizei will man aber der seit dem Jahr 2000 bestehenden Kooperationsvereinbarung namens »Videoschutz Ravensberger Park« neues Leben einhauchen. Auch die Überwachung, die moBiel am Jahnplatz vornehmen will, trifft auf große Zustimmung in den politischen Gremien, obwohl nach der Rechtsauffassung von moBiel und Stadt hier auch moBiel hätte alleine entscheiden können.

Nach Abschaltung der Kameras im Park, weil das landesweite Pilotprojekt im März 2002 ausgelaufen war, und nach einer überwachungsfreundlichen Veränderung des Landespolizeigesetzes im Sommer 2003 bahnten wichtige politische Meinungsmacher wie der Ordnungsdezernent Rainer Ludwig (BfB) das Thema neu an. Der dachte auch schon an, neben der Überwachung der Haltestellen und U-Bahn-Aufgänge von moBiel gleich den ganzen Verkehr auf dem Jahnplatz mit zu überwachen. Davon ist in der aktuellen Verwaltungsvorlage aber nichts zu lesen, was nicht heißt, dass das Thema perspektivisch vom Tisch ist.


PDS-Vertreter stimmte Überwachung zu

Zu den Befürwortern von Videoüberwachung machte sich auch die PDS. In der Bezirksvertretung-Mitte stimmte Albert Heidinger, PDS-Vertreter, für die beiden Überwachungsmaßnahmen auf dem Jahnplatz und im Ravensberger Park. Nicht, ohne gleich zu vermerken, dass dieses nicht die Meinung der Partei sei. Sein Hauptargument: Durch Videoüberwachung werde den Leuten die subjektive Angst genommen. »Das Entscheidende ist, dass die Leute ein Stück Lebensqualität wiederbekommen«. Dies bezieht er in der Hauptsache auf den Jahnplatz. Sein Motto: Wenn’s den Leuten hilft, bin ich dafür. Er wisse dabei, dass die subjektiven Ängste »geschürt« seien und das Videoüberwachung nicht die beste Prävention gegen Verbrechen sei.

»Es ist wichtig, den Placebo-Effekt deutlich zu machen und die Diskussion neu anzufrangen«, sagt Heidinger dem WebWecker. Er spekuliert darauf, dass sich die Videoüberwachung in der Praxis als nicht kriminalitätssenkend herausstellt und man dann anfangen könne, aber alternative Präventionskonzepte nachzudenken, nämlich wie eine Angebotsstruktur für Jugendliche aussehen könnte, um sie von der Straße zu holen. Außerdem plädiert Heidinger dafür, die Diskussion tiefer zu hängen: »Kameras hängen inzwischen überall. Auch das Aufnehmen von Autonummern an Straßen ist nichts Neues«. Mit der Aussage »Auch wenn inzwischen fast überall Kameras hängen, bleibe ich nicht fern«, habe Dezernent Ludwig »nicht ganz unrecht«.