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Entschuldigen und entschädigen (20.04.2005)





Isarel Kaunatjike: »Dieser Krieg ist uns Hereros noch ganz stark im Gedächtnis«



»Erinnern und Verantworten« ist der Titel einer Veranstaltungsreihe zu Deutschlands Kolonialgeschichte, die am gestrigen Dienstag im Haus Dankort in Bethel begann. Bei der Eröffnung der Ausstellung »Erinnert Namibia!« forderte ein Vertreter des Volkes der Herero Entschädigung für den 1904 von deutschen Truppen begangenen Völkermord.

Von Mario A. Sarcletti

»Eigentlich hätte die Rheinische Missionsgesellschaft ja Westfälische Missionsgesellschaft heißen müssen«, findet Frigga Tiletschke. Die Spengerin hat sich intensiv mit der Geschichte der Mission in Namibia auseinandergesetzt. »Die meisten Missionare und das meiste Geld kamen aus Ostewestfalen«, hat sie herausgefunden. Aus ihrer Recherche ist eine Ausstellung entstanden, die ab 3. Mai in Haus Dankort in Bethel zu sehen ist.

In einem kleinen Teil der gestern eröffneten Ausstellung hat der Historiker Karsten Wilke die Verbindungen Bielefelds nach Namibia dargestellt. Die sind neben Missionaren und Soldaten der »Schutztruppen« vor allem durch die Woermann-Linie gegeben. Der Bielefelder Reeder transportierte unter anderem die Truppen, die das Volk der Herero fast vollständig auslöschten.

Der größere Teil der Ausstellung widmet sich der Rolle der Missionare bei der Kolonialisierung Namibias und trägt den programmatischen Titel »Erinnert Namibia!«. Erinnerung tut tatsächlich Not, zu Recht spricht Christoph Beninde vom Welthaus von »unaufgearbeiteter Geschichte«. Zusammengestellt hat die Ausstellung Julia Besten für die Vereinigte Evangelische Mission (VEM), der Nachfolgerin der Rheinischen Missionsgesellschaft (RMG). »Die Ausstellung zeigt, dass die VEM sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt«, lobt die Afrikanistin bei der Ausstellungseröffnung.

Eilig hatte es die VEM allerdings nicht mit der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, erst der 100. Jahrestag des Völkermords an den Herero im vergangenen Jahr lieferte den Anlass für die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit der Kirche. Die begann 1828 mit der Gründung der RMG in Wuppertal. Vor allem in Südafrika wollte sie missionieren, schnell zog es die Missionare aber weiter gen Norden.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts folgten den Missionaren die Händler, schließlich kamen die Soldaten, die so genannten Schutztruppen. Die machten trotz »Schutzverträgen« mit örtlichen Chiefs schnell klar, wen und was sie schützen sollten, nämlich die deutschen Siedler und ihre Interessen. Diese Entwicklung zeigt der erste Teil der Ausstellung.

Der zweite ist etwas euphemistisch mit »Kriegswirren« betitelt. In ihm wird der Krieg gegen die »Hottentotten« genannten Nama und vor allem der Völkermord an den Herero beleuchtet. Die erhoben sich 1904 gegen die Besatzer, Gründe waren Kreditwucher, Landenteignungen und die Missachtung der Herero-Bräuche durch die Siedler. Für die Missionare, die von Angriffen ausdrücklich ausgenommen waren, kam der Aufstand nicht überraschend.

Er endete mit der Ermordung von 65.000 Menschen, mehr als drei Vierteln der Hereros. Der Befehlshaber der »Schutztruppen«, General Lothar von Trotha hatte den Völkermord zuvor angekündigt: »Ich vernichte die aufständischen Stämme mit Strömen von Blut und Strömen von Geld«, schrieb er 1904. An anderer Stelle bemerkte er: »Ich glaube, dass die Nation als solches vollständig vernichtet werden muss«.

Trotha vernichtete die Menschen, indem er die Überlebenden der Schlacht am Waterberg am 11. August 1904, Männer, Frauen und Kinder, in die Omaheke-Wüste trieb, wo sie verdursteten. Diejenigen, die die Wüste überlebten, wurden später von den Missionaren »eingesammelt«, von den Sammellagern der Missionare ging es für die Herero in Konzentrationslager. 45 Prozent der Inhaftierten überlebten die Haft und Zwangsarbeit nicht, in zweieinhalb Jahren starben 7682 Menschen.