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Ins rechte Licht setzen (16.11.2005)





›Gute Pillen – Schlechte Pillen‹ verspricht unabhängige Information für alle PatientInnen und VerbraucherInnen



Von Manfred Horn

Die Pharmaindustrie hat einen enormen Einfluss. Sie bestimmt wesentlich, welche Möglichkeiten überhaupt wahrgenommen werden, mit Arzneimitteln Krankheiten zu behandeln. Wirklich unabhängige und ausgewogene Information ist dagegen Mangelware.

Interessengeleitete Informationen aber sind problematisch: Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass nur der kleinere Teil der firmengesteuerten Information irreführend wäre, bedeutet das: Man kann ihr nicht vertrauen. Ein Laie kann nicht unterscheiden, was wahr, halbwahr oder einfach eine Lüge ist. Zahlreiche Untersuchungen belegen aber, das die Irreführung durch die Pharmaindustrie eher die Regel denn die Ausnahme ist.

Das Ergebnis dieser Beeinflussung ist deutlich: Neue Arzneimittel werden unkritisch verschrieben und von PatientInnen nicht selten auch in der Arztpraxis auch vehement eingefordert. Das Nachsehen haben die armen Schlucker. Wenn die Wahrheit über die Neuerungen durchsickert, sind oft schon Tausende von PatientInnen zu Schaden gekommen. So wie beispielsweise bei dem Rheumamittel Vioxx® (Rofecoxib), das vermutlich in über 100.000 Fällen Herz-Kreislauferkrankungen verursachte. Propagiert wurde dieses Mittel wegen seiner angeblich viel besseren Verträglichkeit, obwohl die Risiken schon bei der Markteinführung absehbar waren.


Scheininnovationen kosten viel Geld

Teure Scheininnovationen kosten die Krankenkassen und PatientInnen viel Geld ohne einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen zu haben. Ein krasses Beispiel dafür ist der Cholesterinsenker Atorvastatin (Sortis®), der mit über einer halben Milliarde Euro jährlicher Kosten das mit Abstand teuerste Medikament für die gesetzlichen Krankenkassen ist. Obwohl der Nutzens Mittel insgesamt schlechter dokumentiert ist als der für andere Statine, reklamiert der Hersteller eine Sonderstellung für sich. Pfizer klagt nicht nur gegen die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Atorvastatin in eine Festbetragsgruppe mit den anderen Statinen einzuschließen. Mit einer groß angelegten Kampagne in der Öffentlichkeit versuchte die Firma die PatientInnen zu verunsichern. Ganzseitige Anzeigen in überregionalen Zeitungen hatten den Slogan »Ab Januar wird gespart. An der Gesundheit von Millionen Herz-Kreislaufpatienten«.

Dabei seien die Aussagen des Herstellers aus medizinischer Sicht gar nicht haltbar, sagen Kritiker. Denn für die größte Gruppe von PatientInnen, die Cholesterinsenker zur Sekundärprophylaxe eines Herzinfarkts erhalten, sei die Wirkung zweier Konkurrenzpräparate wesentlich besser gesichert. Solche Kampagnen bedürften dringend der Gegenrede. Es genüge eben nicht, wenn der Hersteller wegen solcher – hierzulande verbotener – Publikumswerbung für rezeptpflichtige Arzneimittel ein eher symbolisches Bußgeld auferlegt bekommen – eine einzige der Anzeigen kostet mehr als die Strafe. Bei solchen Ereignissen soll die Öffentlichkeit künftig auf Gute Pillen – Schlechte Pillen zählen können. Die Zeitschrift verspricht, richtig zu stellen und PatientInnen Orientierung zu bieten.